Ich sitze in Fortnum and Mason’s zum Mittagessen, einfach so, um mich zu verwöhnen.
Ein exklusives Restaurant, Schönheit, altes Holz, Samtpolster – die Kellner und Kellnerinnen ein Ballett, beflissen zu dienen.
Das Essen absolut köstlich, frisch – eine Freude. Jeder Teller ein Gesamtkunstwerk.
Um mich herum wohl-habende Menschen.
Damen nach dem Einkauf – neben ihnen Berge von Einkaufstaschen, teuer – unterhalten sich angeregt über die Herbst-/Winter-Mode. Was ist „In“, was „Out“?
Gegenüber – ein hochdotierter Business Manager, sein maßgeschneiderter Anzug, seine handgefertigten Lederschuhe, sein Seidenstecktuch, sein Siegelring, selbst sein abgespreizter Finger – vom Feinsten.
5 junge Männer um ihn herum – Alle im „Ja“ und im Nicken begriffen – nur Einer von ihnen wagt, auszuscheren, vegetarisch zu essen, anstelle von Champagner Rotwein zu trinken.
Schräg gegenüber – eine alteingesessene indische Familie – der „Pater Familias“ spricht, alle anderen still – beredte Stille. Die Frauen wunderschön, geschmückt – die Farben Indiens.
Leises Klirren von Gläsern und Besteck…
Und dann – ein anderer „Duft“ im Raum:
Die polnische Kellnerin – ihr fließendes Englisch leicht akzentiert. Eine Narbe im Gesicht, eine „Hasenscharte“ – entlastender Bruch des „perfekten“ Ambiente.
Ihr Gesicht echt, eindrücklich in der Verwundbarkeit.
Ihr dicker Zopf eine Augenweide, Ihr Lächeln wirk-lich, wahrhaftig.
Ihre Bewegungen – weich, schnell, leicht und klar.
Reine helle Freude.
Nach dem Verlassen des Lokals „Draußen vor der Tür“ (ich denke an Wolfgang Borchert und sein Nachkriegsdrama) ein Bettler – unter ihm ein Karton, neben ihm ein Hund – Beide wärmen einander in der Kälte.
Die Hand – grauer, fingerloser Handschuh, Wolle, verschlissen, die Finger rot, schwarz-schmutzige Nägel – kost das zitternde Tier.
Sein Antlitz – Würde.
Was zählt, ohne vermessbar, ja vermessen zu sein?
Alles Eins.
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